Von Innsbruck nach Salzburg - Tag 3

Donnerstag, 27. Juli 2017

Wörgl – Bruckhäusl – Söll – Ellmau – St. Johan in Tirol (ca. 36 Kilometer)

Ich war schon früh wach und drehte mich von der einen auf die andere Seite im Bett umher. Die Anstrengungen der letzten zwei Tage lagen mir bereits in den Knochen. Die perfekte Stellung um nochmals einzuschlafen fand ich nicht. Ergo stand ich auf und begann meine Kleider zusammen zu räumen, welche zur Trocknung im ganzen Zimmer herumlagen.

Beim Verarzten meiner Zehen fand ich neue Blasen die behandelt werden mussten bevor die Füsse, umhüllt mit frisch gewaschenen Socken, für die nächsten 12 Stunden in meine Wanderschuhe eingesperrt wurden. Humpelnd ging es um 06:00 Uhr die Treppe hinunter zum Frühstücksbuffet, wo ich mich für den Tag stärkte. Parallel zum Essen plante ich die nächste Etappe und reservierte eine Unterkunft. Der heutige Zielort hiess St. Johan in Tirol.

Der erste Blick auf den "Wilden Kaiser".
Der erste Blick auf den "Wilden Kaiser".

Endlich begrüsste mich mal wieder die Sonne als ich aus dem Gasthof trat und losmarschierte. Es fühlte sich an wie Balsam auf meiner Seele und steigerte meine Motivation erneut bis Salzburg durchzuhalten. Nur die Füsse spürten nichts von dem Balsam, denn das erste Stück nach Bruckhäusl verlief weitestgehend entlang der asphaltierten Strasse. 

Doch schnell gewöhnte ich mich wieder an die schmerzenden Füsse und taxierte dies als normal. Das schöne Wetter und die liebliche Landschaft halfen mir dabei. Auch war ich heute nicht alleine unterwegs. Zahlreiche Familien fuhren mit Fahrrädern, Wanderer kamen mir entgegen oder ich überholte sie, und auch die Hunde durften wieder mal draussen Gassi gehen.

Spätestens ab Söll wurde die Region immer touristischer. Die Wanderwege waren top ausgeschildert, alle hundert Meter gab es eine Holzbank zum auszuruhen, Informationstafeln gaben Auskunft über die Umgebung und auch die Kaffees und Gasthäuser nahmen an Häufigkeit zu. Hier schien vor allem im Winter viel los zu sein, denn zahlreiche Gondel-, Sessel- und Standseilbahnen bezwangen die umliegenden Berge. Gibt es hier auf einer Höhe von 800 Metern im Winter überhaupt noch Schnee?

Das nenn ich mal eine Aussage! Ich liebe genaue Planungsgrundlagen.
Das nenn ich mal eine Aussage! Ich liebe genaue Planungsgrundlagen.

In Scheffau im Restaurant Alpenblick gab es dann Hirschragout mit Spätzle und Preiselbeeren zum Mittagessen. Fortan begleitete mich der Blick auf das Gebirge des Wilden Kaisers. Als Berggänger erschien mir dieser zwar nicht als wild, jedoch als wunderschöner Gebirgszug, welcher für einen herrlichen Kontrast mit den umliegenden Hügeln und Tälern sorgte.  

Ellmau schien mir die Touristenhochburg der Region zu sein. Was an dem Ort speziell sein soll blieb mir jedoch verborgen. Zahlreiche Hotels und Gasthöfe bilden den Dorfkern und noch mehr Sportgeschäfte säumen die Strasse. Sie hiessen Sport XY oder ähnlich; die Namensgebung Aktion oder Schlussverkauf wäre treffender gewesen. Diese "temporären" Schilder bedeckten teilweise ganze Schaufenster! Und was bitteschön heisst "Schlussverkauf"? Hier ist niemals Schluss mit Aktion, hier wird von der Aktion gelebt.

Den Touristen aus aller Herren Länder ist dies egal. Sie denken, dass sie genau zur Aktionszeit am richtigen Ort sind und "das" Schnäppchen erworben haben. Dem Gast wird also das Gefühl mitgegeben, er hätte was Besonderes zu einem sensationellen Preis gekauft, und das wiederum finde ich legitim. Und sollte er im nächsten Jahr wiederkommen, dann ist er aufs Neue just zum richtigen Zeitpunkt des Schlussverkaufs in Ellmau. Was für ein Glückspilz!

Blick auf das Kaisergebirge
Blick auf das Kaisergebirge

Vielleicht schreibe ich auch so böse über die Verkaufstechniken der Sportgeschäfte, weil ich keine Zeit hatte selbst ein Schnäppchen zu erwerben. Ich gönnte mir hingegen einen Kaffee in der kleinen Ortschaft Going am Wilden Kaiser bevor der letzte Abschnitt nach St. Johan in Tirol anstand. 

Wie die letzten Tage zuvor, stand das mühsamste Wegstück am Schluss des Tages an. Zwischen der Reither Ache und der Hauptstrasse suchte ich meinen Weg. Trottoir oder Pfade gab es hier nicht. Nur halbhohe Leitplanken grenzten die Strasse von einem meterbreiten Grünstreifen ab, auf dem ich im halbhohen Gras marschierte. Immer wieder zischten grosse und laute Lastwagen an mir vorüber. In Rettenbach war es dann geschafft und der beschilderte Jakobsweg führte mich ins Zentrum von St. Johann.

Der Gasthof Mauth befand sich direkt am grossen Hauptplatz, dahinter die wunderschöne römisch-katholische Dekanatspfarrkirche. Obwohl der Ort zur weiteren Erkundung einlud, verblieb ich nach der Kirchenbesichtigung im Hotel. Ein Bier, ein Wienerschnitzel und ein Bett. Mehr benötigte das Glück eines Wandersmannes nicht.

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