Klein Bielenhorn

Die West/Ost-Überschreitung des Chli Bielenhorns auf dem Schildkrötligrat.

Auf geht es in Richtung Kamele & Chli Bielenhorn
Auf geht es in Richtung Kamele & Chli Bielenhorn

Donnerstag, 13. Juli 2023

Schon lange wollte ich mit Tanja wieder mal Bergsteigen gehen. So richtig, nicht nur mit Kletterfinken in MSL, sondern mit Bergschuhen in einem alpinen Ambiente. Doch zu wild sollte es dann auch nicht sein, denn es war schon lange her, dass Tanja in schweren Schuhen unterwegs war. Auch lange Zustiege mit vielen Höhenmetern sind nicht so ihr Ding.

Unser Übernachtungsplatz. Wie wird das Wetter wohl morgen sein?
Unser Übernachtungsplatz. Wie wird das Wetter wohl morgen sein?

Bei der Tourenplanung kam mir das Chli Bielenhorn mit seinem prominenten Schildkrötligrat am Furkapass in den Sinn. Die vielbegangene Tour, deren Einstieg in kurzer Zeit zu erreichen ist, klettertechnisch in einem moderaten Schwierigkeitsgrat liegt und umgeben von einer phantastischen Gebirgslandschaft ist, konnte perfekter nicht sein.

Am späteren Donnerstagnachmittag fuhren wir dann bei sommerlichen Temperaturen mit dem VW-Bus hinauf in Richtung Furkapass. Doch je näher wir unserem Ziel kamen, desto kühler und wolkenverhangener wurde es. Bereits beim Aussteigen auf dem Parkplatz Tätsch oberhalb von Tiefenbach, zogen wir unsere Pullover und die Daunenjacke an. Hatte es der Wetterbericht doch besser gemeint, als es in Wirklichkeit dann war.

Kochen mit Aussicht.
Kochen mit Aussicht.

Doch der toll gelegene Parkplatz der Albert-Heim-Hütte mit seinen Campingmöglichkeiten bietet auch bei weniger guten Wetterverhältnissen immer wieder einen idealen Ausgangsort für Touren in diesem Gebiet. Später riss die Wolkendecke doch noch zeitweise auf und zum Abendessen, welches wir draussen auf dem Campinggrill zubereitet hatten, gab es herrliche Ausblicke auf die wilden Zacken und zarten Hügelrücken der Region. Hauptsache morgen ist das Wetter gut.

Freitag, 14. Juli 2023

Um 06:00 Uhr klingelte der Wecker. Natürlich nicht! Es weckte uns das Smartphone mit der Standardmelodie um aufzustehen. Die ersten Sonnenstrahlen erreichten bereits den Bus und gestalteten das Aufstehen einfacher. Denn unsere Glieder waren von der vergangenen Nacht arg runtergekühlt. Wir hatten sogar unsere Mützen an, denn die Temperatur sank in der Nacht bis zur 5 Grad Marke runter.

Auf dem Weg zur Sidelenhütte.
Auf dem Weg zur Sidelenhütte.

Nach dem Frühstück fuhren wir auf der Passtrasse ein paar Kurven weiter bis Sidelenbach, wo wir parkierten und die Tour begann. Der Weg hinauf zur Sidelenhütte ist immer wieder schön. Erst recht nach dem Regen der vergangenen Tage, welcher die Flüsschen zum Rauschen brachte und die Flora in einem satten Grün erscheinen liess.

Die Sidelenhütte erreichten wir in der auf dem Wanderweg veranschlagten Stunde. Dort gab es nochmals einen Kaffee und einen Nussgipfel. Die Aussicht war faszinierend – egal in welche Richtung man sah. Besonders auffällig natürlich waren die Kamele, Hannibal, das Bielenhorn und der König der Region: der 3'586 Meter hohe Galenstock mit Schneehaube.

Prächtiges Panorama.
Prächtiges Panorama.

Wir folgten dem rotpunktierten Pfad in Richtung Untere Bielenlücke rechterhand des Kamels. Dieser führt über grosse Steinblöcke und einige Schneefelder auf eine Höhe von ungefähr 2'820 Meter hoch, wo sich – zugegeben für diese populäre Tour etwas versteckt – der Einstieg befindet. 

Trotz eines Wochentags, machten sich einige Seilschaften auf den "Schildkrötliweg". Doch wir hatten es gut: Zwei zügige Seilschaften befanden sich vor, die anderen weit hinter uns. Letztere sahen wir erst beim Abstieg mit Blick auf den Grat wieder.


Der rund 300 Meter lange Grat besteht aus verschiedenen Aufschwüngen, welche teilweise über einen schmalen Kamm verbunden sind. Es gibt einige Möglichkeiten Seilschaften zu passieren und die Stände sind mit zweifachen Bohrhaken ausgerüstet. Friends und Keile benötigt man nicht – ausser man möchte die Route selber absichern, was durchaus möglich ist. Abseilen muss man ebenfalls nicht, es sei denn, man macht noch einen Ausflug auf die Nixen oder die markante, ausgesetzte Felsnadel. Lässt man die Nixen weg, reicht ein 40 Meter Seil.

Tanja unter der "Schildkröte".
Tanja unter der "Schildkröte".

Die Schwierigkeiten des Schildkrötligrates bewegen sich zwischen 3a und 4c, wobei die Tour alpin und teilweise sehr ausgesetzt ist. Nach einer weiteren Seillänge nach dem Passieren der "Schildkröte", gingen und kletterten wir am kurzen Seil. Die Begehung in Bergschuhen war kein Problem.

Nach tollem Fels mit tiefen Rissen, griffigen Kannten und scharfen Zacken erreichten wir nach 2,5 Stunden Kletterzeit den "kunstvollen" Gipfelpfeiler des Chli Bielenhorns auf 2'941 Meter. Auf dem anschliessenden Abstieg zur "Untere Bielerlücke" und dann weiter zur Sidelenhütte, hatten wir nochmals eine gute Sicht auf den Westgrat des Chli Bielenhorns. Etliche Seilschaften kraxelten wie Ameisen auf den Felsen herum. Es war amüsant zuzusehen.

Olli im Vorstieg.
Olli im Vorstieg.

Zurück auf der Sidelenhütte gab es erst einmal etwas zum Mittagessen. Leider war das Wetter sehr durchzogen und abhängig davon, ob nun die Sonne schien oder der frostige Wind blies, zogen wir unser Jacken aus oder wieder an. Ein Wetter, um in der Sonne zu relaxen, war leider nicht absehbar und so beschlossen wir weiter zur Passtrasse abzusteigen.

Auf dem Campingplatz Panorama in Aeschi bei Spiez.
Auf dem Campingplatz Panorama in Aeschi bei Spiez.

Den restlichen Tag erkundeten wir die schöne Schweizer Berglandschaft per Auto. Wir fuhren auf die Furka-Passhöhe, hinunter nach Gletsch, über den Grimselpass nach Räterichboden und weiter runter nach Meiringen. Am Brienzersee entlang passierten wir anschliessend Interlaken und steuerten den Thunersee an. Bei Faulensee machten wir Halt und genossen den herrlichen Sommernachmittag im Strandbad. Sonnen, baden, relaxen – wie in den Ferien.

Spontan beschlossen wir auf dem Campingplatz Panorama in Aeschi bei Spiez zu übernachten. Vorher kauften wir im Coop in Faulensee noch etwas zum Abendessen ein. Eine Übernachtung auf dem Campingplatz – das Ferienfeeling ging weiter :-)

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