Projekt BIRS

Zu Fuss von der Birsmündung zur Quelle und mit einem selbst gebauten Kajak aus Petflaschen zurück.

Wieso macht „Mann“ eigentlich solche Projekte? Keine Ahnung. Vielleicht weil das Leben sonst langweilig ist? Oder es einfach spannend ist, mal etwas Verrücktes auszuprobieren? In meinem Kopf hat sich auf jeden Fall in den letzten Jahren eine Idee festgesetzt, die nicht mehr weichen wollte.

Start der Wanderung an der Birsmündung in den Rhein
Start der Wanderung an der Birsmündung in den Rhein

Es ging mir ursprünglich darum, den Fluss Birs von der Mündung bis zur Quelle zu gehen. Später kam dazu, dass es eigentlich nicht spassig ist, nur aufwärts zu gehen und den schwimmenden Enten zuzusehen, welche sich leichtfüssig mit der Strömung in Richtung Rhein treiben liessen. Das wollte ich ebenfalls tun. Die Idee mit dem PET-Kajak kam erst später dazu. Auch über den Zeitpunkt für die Durchführung war ich mir lange nicht im Klaren. Sollte ich hardcore die 73 km Strecke in einem Stück zurücklegen, evtl. unterwegs draussen biwakieren oder sollte ich den Hinweg mit der Emilia im Rucksack hinter mich bringen? Im Winter kam dann die Idee auf, den Weg mit den Touren- oder Langlaufski zu gehen. Doch als der Schnee diesen Februar wieder verschwand und der Frühling bereits sommerliche Temperaturen brachte, war mir klar, jetzt ist der richtige Zeitpunkt für den ersten Teil des Projektes.

Mit Silberling auf grosser Fahrt
Mit Silberling auf grosser Fahrt

Der Zeitpunkt sowie die Route standen nun also fest. Von der Rheinmündung würde es immer aufwärts der Birs entlang in Richtung Delémont gehen. Für die Distanz würde ich mir drei Tage Zeit nehmen, zu Hause übernachten und somit den ersten Teil des Projekts ganz gemütlich angehen.

 

Teil 1 - Die Wanderung

Freitag, 23. März 2012 - 1. Wandertag

Ich reiste umweltfreundlich mit den ÖV zum Ausgangspunkt. Es war die Breite, ein Stadtteil von Basel, welcher an die Ortschaft Birsfelden grenzt. Natürlich bildete die Birs hier die Grenze zwischen Stadt und Land.

Stellt selbst den ausgeklügelten Kanufahrer vor Probleme...
Stellt selbst den ausgeklügelten Kanufahrer vor Probleme...

Es war 09:00 Uhr, der Himmel wolkenfrei und ich musste gleich von Beginn an die Sonnenbrille aufsetzen. Ausser ein paar Sportlern und Hundebesitzern, welche mit ihren Vierbeinern Gassi gingen, war niemand unterwegs. Die Gegend kannte ich gut. Es war eigentlich auch nicht schwierig den Weg zu finden. Ab jetzt galt es immer der Birs entlang flussaufwärts zu gehen.

Die alte Nepomukbrücke bei Dornach
Die alte Nepomukbrücke bei Dornach

Das Wander- und Spaziernetz  hier war sehr gut ausgebaut. Man konnte auf der linken und rechten Uferseite entlang gehen. Die Birs führte viel Wasser, die Bedingungen für eine Kanufahrt wären ideal gewesen. Hoffentlich würde der Wasserstand im Sommer ebenfalls so hoch sein. Am besten wäre die Fahrt nach einem Sommerregen, natürlich bei warmen Temperaturen und Sonnenschein!

Fischtreppe bei Grellingen
Fischtreppe bei Grellingen

Langsam verliess ich die Umgebung von Basel und ich zog in die Region des Juras ein. Unterhalb des Schlosses Angenstein gab es einen Kaffee. Dann ging es weiter bis Grellingen, wo ich mir im noblen Restaurant zur Brücke ein Mittagsmenu gönnte.

Eisenbahnbrücke beim Kaltbrunnental
Eisenbahnbrücke beim Kaltbrunnental

Gestärkt ging es weiter. Es folgte der Eingang des schönen, ursprünglichen Kaltbrunnentals, wo unter anderem die Schweizer Regimente des ersten Weltkrieges ihre Spuren hinterliessen. Doch die geschichtlichen Funde gingen zurück bis zu den Neandertalern, welche hier einmal gelebt hatten. Schon damals musste hier ein wunderschöner Ort gewesen sein.

Schloss Angenstein
Schloss Angenstein

Eine lange gerade Strecke oberhalb der Birs folgte bis Zwingen. Langsam wurde mein heutiges Tagesziel klarer. Ich würde bis Laufen laufen. So lustig das klang, so war es auch. Um 18:00 Uhr lief ich im Städtchen ein. Der erste Teil mit ca. 24 km lag hinter mir. Mit dem Zug ging es dann zurück nach Grellingen, wo mich Tanja abholte.

In Zwingen
In Zwingen

Weitere Fotos vom 1. Tag der Wanderung

Samstag, 24. März 2012 - 2. Wandertag

Der Wecker geht; ich stehe auf meinen Füssen; jetzt bin ich wach! Die gestern eingefangenen Blasen schmerzen. Ich wackle ins Badezimmer und ziehe mich an. Zusammen mit Tanja ging es dann auf nach Grellingen. Sie nahm den Zug nach Basel, um ins Yoga zu gehen, ich den Zug nach Laufen, um den zweiten Teil der Wanderung unter meine Füsse zu nehmen.

Einsame Streckenabschnitte laden zum Kajakvergnügen ein
Einsame Streckenabschnitte laden zum Kajakvergnügen ein

Um 08:45 Uhr ging das Projekt weiter. Gleich zu Beginn begutachtete ich den Wasserfall in Laufen, gefolgt von einem weiteren Stauwehr. Doch danach war es fertig mit der Stauerei für viele Kilometer. Die Fahrt hier versprach genial zu werden!

In Bärschwil Station gab es den ersten Kaffee, wenig weiter in „Little Nashville“ den zweiten. Eigentlich war das Restaurant geschlossen, doch die Besitzer sassen draussen in der Sonne und so bekam ich trotzdem einen und konnte mich kurz ausruhen.

Hoffentlich ende ich auch nicht einmal so...
Hoffentlich ende ich auch nicht einmal so...

Die Freundlichkeit der Leute hielt an. Ich begegnete vielen Fischern welche alle sehr freundlich und interessiert grüssten. Eine Gruppe, welche gerade für das Mittagessen ein Feuer anzündete, lud mich sogar für ein Bier ein. Doch ich konnte nicht, ich musste weiter. Wollte ich doch zum Mittagessen in Delémont sein.

Die Strecke dahin zog sich in die Länge. Ich hatte Hunger und wollte rasten. Das Wetter war genial, Essen und ein kühles Getränk nicht mehr weit. 

Eine weitere Schleuse bei Le Vorbourg (kurz vor Delémont)
Eine weitere Schleuse bei Le Vorbourg (kurz vor Delémont)

Ich passierte schliesslich den Punkt, wo sich der Fluss La Sorne und die Birs trafen. Die beiden Flüsse waren an dieser Stelle fast ebenbürdig breit. Bevor ich an der Birs entlang weiter ging, wollte ich wie erwähnt, in einem guten Restaurant eine Pause einlegen. Weit gefehlt. Ich irrte in dem langgezogenen Delémont umher und fand nur Restaurants, die entweder am Samstagnachmittag geschlossen hatten oder einen neuen Pächter suchten. Schlussendlich landete ich bei Mc Donalds und haute mir gierig ein paar Fettburger rein.

Zusammenfluss von La Sorne und der Birs
Zusammenfluss von La Sorne und der Birs

Ich hatte in Delémont viel Zeit verloren, es gab keinen Wanderweg mehr und alle motorisierten Idioten stürmten bei dem schönen Wetter mit ihren schwanz-vergrössernden Maschinen auf die Strasse. Ich war froh, als ich von Courrendlin aus teilweise wieder auf Wanderwegen gehen konnte.

Die Birs war in der Zwischenzeit zu einem kleinen Flüsschen geschrumpft. Es war offensichtlich, dass ich hier nicht mehr mit dem Kajak fahren konnte. Ausgangspunkt würde also Delémont werden und zwar da, wo die Sorne in die Birs mündete. Der Einstiegsplatz war dafür ideal geeignet.

Fertig lustig. Hier kann nicht mehr gekajakt werden
Fertig lustig. Hier kann nicht mehr gekajakt werden

Mein Weg ging weiter über Choindez in Richtung Moutier. Diese Strecke war für Fussgänger sehr ungeeignet. Über grosse Strecken gab es kein Trottoir und ich musste auf der Strasse gehen. Das Tal war sehr eng; links und rechts ragten steile Felsen wie die Arête du Raimeux hervor, was mein Kletterherz höher schlagen liess und sich unzählige Kletterideen in meinem Kopf niederliessen.

Kurz vor Moutier. Links und rechts laden Felswände zum Klettern ein
Kurz vor Moutier. Links und rechts laden Felswände zum Klettern ein

Um 18:30 Uhr erreichte ich schliesslich Moutier. Von da aus ging es wie gestern mit dem Zug zurück. Auf dem Weg nach Hause, konnte ich nochmals mit ansehen, welche Strecke ich schon zurückgelegt hatte. Die Gleise der Bahn verliefen oft parallel zur Birs. Ein wenig Stolz machte sich in mir breit; wie weit kommt man doch, wenn man einfach nur läuft…

Weitere Fotos vom 2. Tag der Wanderung

Sonntag, 25. März 2012 - 3. Wandertag

Heute reiste ich mit dem Auto zum gestrigen Etappenende in Moutier an. Wegen der heutigen Zeitverschiebung wäre ich fast eine Stunde "zu spät" gestartet. Doch nun war ich wieder on the Road und der Trip konnte weitergehen.

Los gings beim Bahnhof von Moutier
Los gings beim Bahnhof von Moutier

Wie ein chinesischer Balletttänzer, welcher das erste Mal schwere Wanderschuhe an seinen Füssen trug, wackelte ich auf dem Asphalt durch Moutier. Meine Blasen schmerzten heute noch mehr als gestern. Doch bald erfreute sich mein Wanderherz an dem sensationell, gut ausgebauten Wanderweg nach Court.

Die Birs ein paar Sekunden lang erfasst...
Die Birs ein paar Sekunden lang erfasst...

Die Birs schlängelt sich dabei durch die tiefe Schlucht der Court Montagne und der Wanderweg folgte ihr auf Schritt und Tritt. Oftmals wurden dazu Brücken, Überbauungen an den Felswänden oder einmal sogar ein Tunnel in den Fels gehauen. Wirklich originell und einfallsreich.

Auf der Ebene nach Court
Auf der Ebene nach Court

In Court gab es einen verdienten Kaffee, ehe es dann flacher und monotoner weiterging. Die Strecke zum Zielort Tavannes war unspektakulär. Die Birs hatte sich in der Zwischenzeit zu einem kleinen Flüsschen gemausert, welches wirr im Zickzack, jeweils dem tiefsten Punkt entlang folgend.

Meine Füsse schmerzten immer mehr, das Gehen auf dem Asphalt ist einfach unerträglich. Doch Klagen half nicht - weiter ging es dem Ziel entgegen.

Ich laufe in Tavannes ein...
Ich laufe in Tavannes ein...

Der letzte sichtbare Punkt der Birs ist mitten in Tavannes unter der „Garage du Lion". Von dort aus führt vermutlich ein unterirdischer Kanal zur der Quelle. Schade, ein blubberndes Loch wäre mir lieber gewesen. Doch man muss den Behörden gutheissen, dass sie am Eingang zu Tavannes ein grosses Biotop und Naturschutzreservat mit vielen kleinen Tümpeln, Schilf und kleinen Bächlein erschaffen haben. Auch ein nahes Erholungsgebiet für die Menschen die hier leben.

Hier entspringt die Birs... unter dem Gelände der "Garage du Lion" in Tavannes
Hier entspringt die Birs... unter dem Gelände der "Garage du Lion" in Tavannes

Ich war also angekommen, der erste Teil des Projektes war ein Erfolg! Das Frühlingswetter hat toll mitgespielt und ich war endlich mal wieder körperlich ausgepowert. Vielleicht auch im Kopf

 

Dass ich anschliessend in den falschen Zug einstieg, welcher in Richtung Biel fuhr, kann ich nur meiner Freude zuordnen, oder habe ich meinen Kopf doch zu fest ausgelüftet?

Der letzte sichtbare Punkt der Birs
Der letzte sichtbare Punkt der Birs
Ab hier nimmt der Fluss seinen Lauf
Ab hier nimmt der Fluss seinen Lauf

Weitere Fotos vom 3. Tag der Wanderung

Teil 2 - Kajakbau und weitere Vorbereitungen

Präambel

Es war reiner Zufall, dass das Projekt noch dieses Jahr beendet werden konnte. Lange Zeit war der Wasserstand der Birs viel zu niedrig, doch nach einer Schlechtwetterperiode mit viel Regen war es nochmals ein paar Tage Spätsommerwetter. Ideale Bedingungen also, um sich aufs Wasser zu wagen.


Doch erst musste das Kajak fertig gebaut werden. Es war Freitagabend als ich mich für die Fahrt am Sonntag entschied. Es gab also auch noch einiges zu organisieren und ich benötigte die spontane Unterstützung einiger Leute.

Mein Dank geht an Aran, welcher kurzfristig meinen Pikettdienst übernahm; an Olya, welche sich am Sonntag um Emilia kümmern würde und an Tanja, welche sich um meinen Hin- und Rücktransport kümmerte. Als dies geregelt war, galt es das Gefährt erst mal schwimmtauglich fertig zu bauen.


Nach der Geburt bekam mein Kajak wie alle kleinen Kajaks einen Namen: „Silberling“ - von seiner silbernen Farbe her stammend. Silberling war also knapp drei Meter lang und etwa einen Meter breit, bestand aus 106 Petflaschen und hatte Stauraum im Bug und im Heck. Das Heck verfügte über eine Kunststoffabdeckung und das Transportgut im Bug (Verpflegung sowie die vielen Bierdosen) wurden durch eine Karabinerkonstruktion gesichert. Als Navigations- und Antriebsinstrument diente ein handelsübliches Paddel, welches durch männliche, schweisstreibende Muskelkraft gesteuert wurde.

Soweit der Plan, doch war Silberling wirklich manövrierfähig? Eine Testfahrt musste durchgeführt werden. Die ganze Familie fuhr schliesslich am Samstagabend hinunter nach Duggingen, wo die Jungfernfahrt stattfand. Silberling wurde am Autodachträger befestigt.

Silberling war geboren
Silberling war geboren

Da Silberling über keinen Kiel verfügte – den hatte ich absichtlich weggelassen, da die teilweise niedrige Tiefe der Birs sowie das Stromschwellenfahren Probleme bereitet hätten – war es nicht einfach die Balance zu halten. Nach der Jungfernfahrt verbreiterte ich schliesslich die Seiten auf etwa einer Meter Länge mit einer zusätzlichen Reihe Petflaschen. Ich hoffte, dies würde die notwenige Stabilität bringen.

Huckepack
Huckepack

Nach dem Zusammenpacken des Materials studierte ich nochmals alle Situationsbilder, welche ich im Frühling auf der Wanderung gemacht hatte. Es gab einige Wasserfälle, Stauwehre und gefährliche Stromschnellen zu umgehen; ich musste also genau wissen, wann und auf welcher Seite der Birs ich aussteigen musste.

Die Jungfernfahrt
Die Jungfernfahrt

Teil 3 - Der Kajaktrip

Sonntag, 09. September 2012

Noch vor 08:00 Uhr fuhr Tanja mit Silberling und mir in Richtung Delémont. Es wurde gerade Tag und es war mit 12 Grad Celsius saukalt. Dankbar über den Neoprenanzug, den ich bei Aldi für sage und schreibe 20.- Franken im Ausverkauf ersteigert hatte, sass ich im Auto. Die Sonne würde zwar die Luft erwärmen, doch das Wasser wird wohl die Temperatur beibehalten…

Einschiffen in Delémont
Einschiffen in Delémont

Mit grosser Erwartung und Spannung wasserte ich schliesslich um 08:30 Uhr in Delémont, wo sich Sorne und Birs vereinten. Ab hier führte die Birs genügend Wasser. Die ersten Sonnenstrahlen nahm ich gleich noch mit aufs Startfoto, dann ging es auf in die Strömung.

Um das Gefühl wieder zu geben, welches einem wiederfährt, wenn man in den frühen Morgenstrahlen in der Stille alleine über das Wasser gleitet, dazu bin ich ein zu schlechter Schreiber. Es haut einen einfach um, das Gefühl von Freiheit und Glück. Erst recht, wenn man mit seinem selbst gebauten Boot unterwegs ist.

Freie Fahrt!
Freie Fahrt!

Bis zum ersten Stauwehr bei Vorburg dauerte es nicht lange. Eine gute Passage um sich einzugewöhnen und einige Manöver zu üben. Danach ging die Fahrt mit dem ersten geöffneten Bier im Dosenhalter rasanter weiter. Da es noch früh am Sonntagmorgen war, fuhren noch sehr wenige Autos und Motorräder auf der nahe gelegenen Landstrasse. Es herrschte Stille und Geborgenheit. Man sagt nicht umsonst, Morgenstund hat Gold im Mund.

Schwelle bei La Cantine - Kein Problem!
Schwelle bei La Cantine - Kein Problem!

Langsam kam die Sonne hoch und traf das Wasser in einem für mich blendenden Winkel, dass ich trotz meines Sonnenhutes überhaupt nichts mehr erkennen konnte. Die ganze Wasseroberfläche war für mich ein einziger Spiegel; keine Äste, keine Steine waren mehr zu erkennen. So liess ich Silberling freie Hand, er würde schon den passenden Weg finden. Beim Dahintreiben wurde es für mich wieder mal offensichtlich, wie einfach gewisse Dinge im Leben sind. Einfach mal zurücklehnen und warten was auf einen zukommen würde. Etwas, was ich viel zu wenig mache.

Steine in den Weg gestellt...
Steine in den Weg gestellt...

In der Zwischenzeit hatte ich schon eine gute Wegstrecke hinter mir. Stromschnellen bis zu einem Meter Höhe hatte ich ebenfalls genauso gut im Griff wie das Ausweichen von Hindernissen im Wasser. Nur die Kälte machte mir zu schaffen. Sass ich doch die ganze Zeit im kühlen Wasser. Doch was sollte ich machen? Zitternd und Zähneklappernd paddelte ich umso mehr im Nebel um warm zu bekommen.

Nach einer Pinkelpause und dem Öffnen einer neuen (!) Bierdose kenterte ich spektakulär das erste Mal. Meiner Seitenrolle würden im Verlauf des Tages noch weitere folgen, sogar einen frontalen Purzelbaum würde ich später über eine Stromschnelle noch hinkriegen. Im Moment ärgerten mich eigentlich nur die leere Bierdose und die nassen Haare.

Captain Olli
Captain Olli

Eine der grossen Umgehungsstellen erreichte ich um 12:30 Uhr in Laufen. Hier machte ich dann auch meine erste grosse Pause und wärmte mich in der Sonne. Ebenfalls zum ersten Mal betrachtete ich Silberling von unten: Gar nicht so schlimm, ein zwei Kratzer, das war‘s auch schon an Kriegsverletzungen. Zu jenem Zeitpunkt dachte ich, dass ich schnell nach Basel kommen würde, doch ich tat meine Überlegungen ohne die teils sehr langen Paddelstrecken im tiefen, stehenden Wasser.

Schon als kleines Kind fuhr ich mit meinem Vater zu ähnlichen Abenteuern auf dem Wasser los. So paddelten wir in Frankreich in aufblasbaren Kanus und Kajaks die Céze und Ardéche runter und fuhren anschliessend mit den Fahrrädern wieder zurück. Diese Erlebnisse prägten mich positiv und ich bin dankbar dafür. Ich denke solche Erfahrungen helfen einem im Leben oft weiter. Es ist wichtig seinen Körper und das eigene Können richtig einzuschätzen, Gefahren zu erkennen und brenzlige Situationen richtig zu beurteilen.

Mittagspause in Laufen
Mittagspause in Laufen

Die folgende Strecke nach Duggingen zog sich in die Länge. Nach dem Plauschpart folgte jetzt die sportliche Herausforderung. Und die gab Durst. In Zwingen ging ich daher noch kurz an Land und füllte meinen Biervorrat auf, bevor es in die tosenden Stromschnellen von Zwingen ging…. und ich wieder hinter meinem Boot im Wasser runtertrieb.

Mit einer guten Portion Selbstvertrauen ging es also weiter. Ich traf eine Familie mit zwei Kanus, welche einen Abschnitt nach Zwingen hinter mir fuhren. Schliesslich kam die längste Umgehungsstelle der ganzen Tour: Die Papierfabrik in Duggingen. Hier blieb nichts anderes übrig, als Silberling über einen Kilometer zu tragen und ihn nach der Fabrik am Seil wieder hinunter zur Birs zu lassen.


Danach ging es aber spritzig und flott weiter bis zur Nepomukbrücke in Dornach. Erstmals hatte ich Bedenken, die Tour nicht an einem Tag fertig machen zu können. Es war bereits nach 18:00 Uhr, meine Haut schrumpelig, die Glieder kalt, die Sonne weg. Stattdessen fing es trotz blauem Himmel an zu regnen. Ein bizarres Bild. Hinzu kam, dass meine Kamera im Ortliebsack herumschwamm. Dieser war jedoch wie in der Werbung angepriesen wasserdicht – nach aussen.

Ich öffnete die letzte Bierdose. Mein „Shorty“, der Neoprenanzug tat gute Dienste. Ich konzentrierte mich wieder auf die mystische Natur ringsum und vergass allmählich wieder meine kleinen Problemchen. Viele Eisvögel und Fischreiher, ja sogar Mäuse und Krabbelviecher machten ihren letzten Gang zur Wasserstelle vor dem Eindunkeln. Schade, dass bei uns in der Region alle Tiere so scheu sind. Eigentlich sollten sie die Menschen gewohnt sein.

Pause in Zwingen
Pause in Zwingen

Ich umging den grossen Wasserfall bei Münchenstein ehe es ganz dunkel wurde. Zum Glück führte die Birs bis zu ihrer Mündung nun genügend Wasser, dass ich nur selten irgendwo dagegen fuhr. Immer mit der Strömung treibend fand ich problemlos den richtigen Weg. Stirnlampe hatte ich keine dabei, denn das ich im Dunkeln ankommen würde, damit hatte ich nicht gerechnet. Aber es war cool, es machte Spass.

Am Ziel!
Am Ziel!

Es folgten in Birsfelden die letzten Stromschnellen, über welche ich in der heutigen gelernten Professionalität cool hinüberglitt. Schade, dass sich keine Leute mehr am Strandbad des Birsköpflis befanden. Die hätten Augen gemacht!

Schliesslich schloss sich mit dem Erreichen des Rheins um 20:50 Uhr der Kreis: Von der Mündung bis zur Quelle – mit dem selbst gebauten Kajak zurück. Projekt beendet. Was für ein Gefühl!

Eckdaten

Die vorhergehende Situationsanalyse war sehr hilfreich und notwendig (siehe Fotos der Wehre, Stromschnellen und Wasserfälle). Nur ca. 500 m musste im seichten Wasser gegangen werden. Es herrschten ideale Voraussetzungen, einzig die Wassertemperatur hätte wärmer sein können. Ich gönnte mir nur zweimal eine fünfzehnminütige Pause an Land. Die Leichtigkeit und Unbeschwertheit anderer Boots- und Flosstouren konnte somit nicht erreicht werden. Der sportliche Faktor kam nicht zu kurz – die Arme und Handgelenke schmerzten noch eine Woche! Für die Strecke von circa 45 Kilometer benötigte ich 12 Stunden und 20 Minuten sowie 6 Liter Bier. Für Silberling waren 106 eineinhalb Liter Petflaschen und 10 Rollen stabiles Klebeband notwendig. Die Konstruktion war kompletter Eigenbau. Es gab keine Vorlage dafür. Ebenfalls war das ganze Projekt eine Spinnidee von mir – oder gibt es noch andere Chaoten meiner Art?

Projekt BIRS – In der Zeitung!

Das Wochenblatt veröffentlichte kurz vor Weihnachten einen Zeitungsbericht über mein grosses Abenteuer an und auf der Birs. Die Grundlage des Berichtes war ein Interview, welches anfangs Dezember durch die Redaktion des Wochenblattes für das Schwarzbubenland und das Laufental mit mir durchgeführt wurde. Ein wenig stolz, ein lokaler Celebrity zu sein, stelle ich den Artikel natürlich auch online der Öffentlichkeit zur Verfügung.

Projekt BIRS - Zeitungsbericht des Wochenblattes vom 20.12.2012
Projekt BIRS - Zeitungsbericht Wochenbla
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