Bietschhorn 3'934m

Alpine Hochtour auf den Schönsten der nicht ganz 4'000er Berge der Walliser Alpen.

Das Bietschhorn mit seinen 3'934 Metern!
Das Bietschhorn mit seinen 3'934 Metern!

Dienstag, 13. August 2019

Von Basel ging es mit dem Zug nach Bern, durch den Lötschberg nach Göschenen und anschliessend mit dem Bus nach Ried im Lötschental. Das Ganze ging flott von statten und nach knapp drei Stunden Fahrt befanden Dominik und ich uns um 14:30 Uhr bereits am Start des Wanderweges zur Bietschhornhütte.

Wunderschöner Hüttenzustieg
Wunderschöner Hüttenzustieg

Wir folgten dem wunderschönen Pfad hoch in Richtung Schafberg. Erst ging es schattig durch einen Wald, später folgten Sträucher, welche uns mit Blaubeeren bewirteten und anschliessend brachte uns der alpiner werdende Pfad über einige Flanken und Wasserläufe hoch bis zur Bietschhornhütte. Diese hat sich das Prädikat «Hütte» wirklich verdient. Einfach, urchig und auf einer schönen Anhöhe nördlich des Schafberges ist sie gelegen. Weshalb der offizielle Wanderweg eine Zustiegsdauer von 3h 40min angibt blieb uns ein Rätsel. Obwohl wir es gemütlich angingen, sassen wir nach zwei Stunden bei Tee und frischem Aprikosenkuchen in der Hüttenstube.

Trotzdem es unter der Woche war, fanden einige Gipfelstürmer den Weg zur Bietschhornhütte. Beim Apéro – ja genauso wurde zu Tisch gerufen – waren bis um 18:00 Uhr mit uns 12 Personen anwesend. Eigentlich ideal, für ein Hütte die auf maximal 22 Personen ausgerichtet ist.

Zuerst gab es also einen Apéro. Man konnte sich ein offeriertes Glas Weisswein, Rotwein oder Orangensaft aussuchen. Dazu gab es Chips, Erdnüsse und für jeden einen Schnitz Melone. Eine interessante Geste, welche ich zuvor noch auf keiner Hütte erlebt hatte.

Nach dem Abendessen wurde es bald still. Wenn ich mich richtig erinnern kann, war der letzte um halb neun Uhr im Bett, denn schliesslich würde Jan, der Hüttenwart, um 02:30 Uhr mit dem Frühstück auf uns warten.

Mittwoch, 14. August 2019

Es war eine angenehme, sehr ruhige Nacht. Schrieb doch der eine oder andere im Tourenbericht über die Bietschhornhütte "Hier wird übernachtet. Geschlafen wird wieder zu Hause". Ich muss sagen, ich war erholt und fit!

Auf dem Westgrat. Der Tag bricht an.
Auf dem Westgrat. Der Tag bricht an.

Doch das musste man fürs "Bietschi" auch sein. Dominik und ich starteten knapp vor 03:00 Uhr hoch zum Schafberg. Bald waren wir an der Spitze der vier Seilschaften, welche heute über den Westgrat auf das Bietschhorn hochsteigen würden. Hoch stieg auch der Vollmond, welcher in einem heimeligen rot leuchtete und die Landschaft in herrlichen Szenerien erblicken liess.

Der Pfad hinauf zum Schafberg konnte besser nicht markiert und ausgebaut sein. Top Wegführung! Auch auf dem Firnfeld des noch übrig gebliebenen Bietschgletschers in Richtung Pt 3210 und nachher der Zustieg auf den Grat zum Pt 3400 fanden wir gut, obwohl wir ein wenig zu viel nördlich ausholten. 

Bevor wir den Grat erreichten, mussten wir aufgrund von Blankeisfeldern die Steigeisen kurz montieren. Jan, der Hüttenwart, hatte uns zudem empfohlen, Steigeisen und Pickel auch mit auf den Gipfel mitzunehmen. Man konnte aufgrund der Niederschläge der letzten Tage nicht abschätzen, ob am Gipfelgrat evtl. noch Restschnee oder vereiste Felsen anzutreffen waren. Zum Glück brauchten wir die Steigeisen und Pickel dann doch nicht.

Auf dem Zackigen Grat. Oben rechts sieht man den roten Turm.
Auf dem Zackigen Grat. Oben rechts sieht man den roten Turm.

Doch oben waren wir noch lange nicht. Erst starteten wir hoch auf den anfangs sehr schotterigen Westgrat des Bietschhorns. Es galt immer auf dem Grat zu bleiben und einige Passagen auf der Südseite zu gehen. Für die genaue Wegfindung verweise ich auf den SAC-Führer Berner Alpen von Bernhard Senn und den Hochtourenführer Berner Alpen von Daniel Silbernagel.

Nach dem Talgipfel. Bis zum Gipfelkreuz des Bietschis ist es nicht mehr weit.
Nach dem Talgipfel. Bis zum Gipfelkreuz des Bietschis ist es nicht mehr weit.

Obwohl die Tour als ZS oder ZS- eingestuft ist, sind Friends m. E. nicht notwendig. An den heikelsten Stellen hat es Bolts und auch die Abseilstellen an den steileren Flanken sind wunderbar mit Mayos ausgestattet.

Die Schwierigkeiten sind wohl wie immer von den Verhältnissen abhängig. Für mich war es dem Empfinden nach eine ZS-. Die Kletterstellen sind einfach und man findet immer wieder etwas, um sich zu halten. Wirkliche Herausforderungen sind die Tourenlänge und der Steinschlag bei gleichzeitigen Seilschaften!

Endlich Sonne! Es kann hier ganz schön Chute!
Endlich Sonne! Es kann hier ganz schön Chute!

Wir hatten das Glück, dass wir die Ersten auf dem Gipfel waren – also keine Vorsteiger, welche Steine auslösen konnten. Beim Abstieg waren wir jedoch leidtragende in den vorderen Reihen. Selbst bei noch so grosser Vorsicht löst man sehr schnell Steinbrocken aus, welche über die lange Falldistanz zu unheimlichen Geschossen werden.

Dominik übernimmt die Führung.
Dominik übernimmt die Führung.
Yes. Da oben war ich!
Yes. Da oben war ich!

Auch wir wurden nicht verschont. Ich bekam einen Brocken auf den Rucksack, Dominik einen an den Helm. Glück gehabt, wie alle, die mit uns gestartet und wieder heil auf der Hütte angekommen waren.

Wieder zurück im unteren Teil des Westgrats. Ganz unten im Tal liegt Ried - es steht noch ein langer Abstieg an.
Wieder zurück im unteren Teil des Westgrats. Ganz unten im Tal liegt Ried - es steht noch ein langer Abstieg an.

Als wir wieder den Bietschorngletscher erreichten, waren wir erleichtert. Auf dem Grat lüftete es derart, dass wir zwischenzeitlich ganz schön durchgefroren waren. Auch unsere Kräfte waren nach 11 Stunden Bergsteigen und Klettern langsam aufgebraucht. Entsprechend war die Konzentration anstrengend. Es ist wirklich so, dass der Abstieg genauso viel Zeit benötigt wie der Aufstieg; nur dass man dann schon etwas müder ist!

Bietschgletscher
Bietschgletscher

Doch nun ging es nur noch auf dem gut ausgebauten Pfad hinunter zur Bietschhornhütte, wo wir uns nach einer weiteren Stunde endlich eine grosse Pause gönnten. Es gab Käsespätzli, das gute Suonen-Bier von Ausserberg und zum Abschluss noch einen Hüttenkaffee. Nun konnte auch der letzte Abstieg hinunter nach Ried in Angriff genommen werden.

Immer wieder hielten wir unterwegs an, um den kolossalen Berg mit faszinierenden Blicken zu würdigen. War das doch ein Monument in der umliegenden Berglandschaft; und wir waren da oben!

Zurück beim Bietschjoch: Glückliche Alpen-Dudes!
Zurück beim Bietschjoch: Glückliche Alpen-Dudes!

In Göschenen machten wir auf der Heimfahrt noch einen Halt und assen im Restaurant Felsheim zu Abend. Dann ging es mit der Bahn wieder nach Hause. Was für ein langer Tag – was für ein faszinierender Berg. Bestimmt wird es die nächsten Tage Muskelkater in den Beinen geben.

Tourendaten:

  • Ried – Bietschhornhütte: 2h
  • Bietschhornhütte – Bietschhorngipfel: 5.5h
  • Bietschhorngipfel – Bietschhornhütte: 6.5h (mit Pausen und Wartezeiten Grat/Abseilstellen)
  • Bietschhornhütte – Ried: 1,25h
  • 2'450 Höhenmeter im Auf- und Abstieg!
Bietschhornhütte mit Bietschhorn im Hintergrund.
Bietschhornhütte mit Bietschhorn im Hintergrund.

Weitere Fotos der Tour